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Proseminar (2 SWS/5 Credits):

Totalitäre Sprachen - Sprachliche Totalität

Geschichte und Theorie Künstlicher Welten

Mag. Alessandro Barberi

Jean Pierre Fayes Klassiker zur Analyse "Totalitäre(r) Sprachen" beschrieb eindringlich die politischen und narrativen Transformationen, welche die republikanische Ordnung des Deutschen Reiches bis 1933 mit ihrer breiten Aufsplitterung ideologischer Positionen zur "totalen Herrschaft" (Hannah Arendt) der Nationalsozialisten werden ließ: Die große Anzahl von Parteien in der Weimarer Republik verhindere dabei eine ungestörte Einheit des Volkes durch die buchstäblich demokratische Trennung von repräsentativen und partizipativen Kräften. Mit Carl Schmitts Diktum "Der Führer ist das Volk" lässt sich im Gegensatz dazu ein brutal erpresstes Zusammenfallen von Vertretern und Vertretenen markieren, das als Kennzeichen der nationalsozialistischen "Bewegung" gelten kann. Denn war mit dieser Gleichsetzung von "Führer(n) und Geführten" (Hans Kelsen) eine homogene Gemeinschaft des deutschen Volkes unterstellt, so sollte das Dritte Reich nicht zuletzt an der Unmöglichkeit scheitern, "die Partei" zur Gänze in den Verwaltungsstrukturen "des Staates" aufgehen zu lassen. Und so lässt sich die Geschichte des Nationalsozialismus diskursanalytisch auch als Versuch beschreiben, über die Lingua Tertii Imperii (Victor Klemperer) eine Ununterscheidbarkeit von Repräsentation und Welt herzustellen. Aus medientheoretischer Perspektive soll das Seminar zeigen, weshalb Störfunktionen, Missverständnisse und Differenzen als Voraussetzungen der Demokratie gelten können. Damit werden im Rahmen des Seminars die historischen Ereignisse auch auf die gegenwärtigen Diskussionen der Politischen Philosophie bezogen, wobei der Nationalsozialismus das bevorzugte Beispiel für die mediale Inszenierung von Macht bleiben wird.

Literatur zur Einführung:

Jean Pierre Faye: Totalitäre Sprachen. Kritik der narrativen Vernunft. Kritik der narrativen Ökonomie, Zwei Bände, Frankfurt/M.-Berlin-Wien 1977.
Hannah Arendt: Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft - Antisemitismus, Imperialismus, Totalitarismus, Piper 2001
Hans Kelsen: Vom Wesen und Wert der Demokratie, Tübingen 1981
Victor Klemperer, LTI. Notizbuch eines Philologen, Leipzig 2001
Wolfgang Pircher (Hg.): Gegen den Ausnahmezustand. Zur Kritik an Carl Schmitt. Wien/New York: Springer 1999
Jacques Rancière, Das Unvernehmen. Politik und Philosophie, Frankfurt a. M 2002
Joseph Vogl (Hg.): Gemeinschaften. Positionen zu einer Philosophie des Politischen, Frankfurt a. M 1994

Freitags, 12.00 bis 14.00 Uhr
Raum 015, Bauhausstraße 11

Richtet sich an: A, B, G, M